Die britische Regierung kündigte für 2020 die Einführung von Programmen zur Verschreibung von Grünflächen in Gebieten an, die von Covid-19 stark betroffen sind. In Schottland gibt es ein offizielles Programm zur Verschreibung von Grünflächen, und in Kanada verschreiben Ärzte ihren Patienten Aufenthalte in Parks und in der Natur, während die USA in über 35 Bundesstaaten dasselbe tun. All dies ist eine Reaktion auf die Vorteile, die der Aufenthalt in grünen oder blauen Räumen für die menschliche Gesundheit hat, sowohl physisch als auch psychisch.

Um das Wohlbefinden der Patienten zu fördern, können Ärzte ihre Patienten als therapeutische oder präventive Maßnahme mit einem spezialisierten Arzt in Verbindung bringen. Dieser integrative Gesundheitsansatz trägt nicht nur dazu bei, den Anstieg der verschreibungspflichtigen Medikamente wie Antidepressiva zu bekämpfen, sondern kann auch dazu beitragen, die ohnehin schon überlasteten Ressourcen zu schonen und die Patientenlisten zu verkürzen. Damit soll nicht die Bedeutung von Medikamenten für Menschen mit einer diagnostizierten klinischen Erkrankung untergraben werden, sondern vielmehr hervorgehoben werden, wie Lebensstiländerungen und Unterstützung durch die Gemeinschaft bestimmte Stressfaktoren, Ängste und leichte bis mittelschwere Depressionen lindern können. Einsamkeit, Fettleibigkeit und Trauer können durch "Green Social Prescribing" unterstützt werden. Ärzte, Therapeuten und Kliniker beginnen, bei der Patientenversorgung mit Praktikern aus dem Bereich der komplementären und integrierten Gesundheit zusammenzuarbeiten. Spaziergänge, Gartenarbeit, Yoga und Achtsamkeit sind allesamt naturbasierte Aktivitäten, die empfohlen werden können. Eine weitere Praxis ist das Waldbaden.

Shinrin-yoku

Der Begriff Shinrin-yoku wurde in Japan vom japanischen Ministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei in den frühen 80er Jahren geprägt und bedeutet übersetzt Waldbaden oder die Atmosphäre des Waldes einatmen. Diese Form der Öko-Therapie wurde als direkte Reaktion auf die hohe Stressbelastung von Büroangestellten in Tokio entwickelt, die lange Zeit ohne natürliches Tageslicht an Bildschirmen saßen, wodurch Müdigkeit und Burnout an der Tagesordnung wurden. Waldbadespaziergänge und Waldtherapieprogramme wurden entwickelt, um die Auswirkungen dieser Symptome zu bekämpfen. Es handelt sich um eine achtsame, sensorische Erfahrung, die einen langsamen Spaziergang und eine Reihe von Aktivitäten oder "Einladungen" in der Natur umfasst, die der Entspannung dienen und die Verbundenheit mit und die Wertschätzung für die Natur vertiefen sollen. Die Heilkraft und uralte Weisheit der Natur ist kein neues Konzept, aber die Verbindung des Menschen mit der natürlichen Welt für seine Gesundheit ist möglicherweise unterbrochen worden oder verloren gegangen.


Dr. Qing Lee, Arzt an der Nippon Medical School in Tokio, Immunologe und Experte für Waldmedizin, ist ein langjähriger Verfechter der Natur für die menschliche Gesundheit und Autor der Bücher Into the Forest und The Art and Science of Forest Bathing Shinrin Yoku. Seine Forschungen und Studien konzentrieren sich darauf, wie der Körper nach einem Aufenthalt in einer erholsamen Umgebung wie dem Wald reagiert. Er erforscht, warum wir uns glücklich fühlen, wenn wir Zeit unter Bäumen verbringen, und wie das parasympathische Nervensystem anspringt und das Immunsystem gestärkt wird.

Wir wissen, dass wir uns besser fühlen, wenn wir einen Blick auf einen Sonnenuntergang oder das Meer genießen, ein Gefühl der Ehrfurcht überkommt uns. Nach einem Spaziergang in der Natur fühlen wir uns gestärkt, und vielleicht schläft man auch besser. Wie wirkt sich nun diese Interaktion mit der Natur, insbesondere mit Bäumen, auf die Physiologie des Körpers aus, d. h. auf das, was im Inneren geschieht? Als Menschen haben wir uns aus der Natur entwickelt, indem wir uns über unsere Sinne und unsere Intuition mit ihr verbinden und auf die uns umgebende Umwelt reagieren. Die sitzende Lebensweise in geschlossenen Räumen und der zunehmende Einsatz von Technologie haben unsere Sinne abgestumpft, und das Waldbaden trägt dazu bei, die Sinne wieder zu beleben. Es nutzt die Sinne als Wege zu Geist und Körper. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass der Anblick der Farbe Grün die Herzfrequenz senkt, und wenn man die Augen den fraktalen Mustern in der Natur aussetzt, kann das helfen, Gehirnnebel oder Müdigkeit zu verringern. Natürliche Geräusche wie fließendes Wasser aus einem Bach oder einem Wasserfall, Vogelgezwitscher oder das Rauschen einer Brise in den Bäumen wirken beruhigend, während die Berührung der Erde und die Erdung des Körpers helfen, Stress loszulassen. Am wichtigsten ist der Geruchssinn, und wenn wir den Duft des Waldes einatmen, können wir unsere erste Verteidigungslinie, unsere natürlichen Killerzellen (NK), stärken. Das Einatmen von Phytonziden, die von Pflanzen und Bäumen abgegeben werden, hilft bei der Bekämpfung von Eindringlingen (bei Bäumen Pilze und Bakterien) im Menschen und trägt so zur Abwehr von Krankheiten bei. Nach einem zweistündigen Spaziergang kann die positive Wirkung der natürlichen ätherischen Öle bis zu 7 Tage anhalten. Dies sind nur einige der Möglichkeiten, wie ein Waldspaziergang hilft. Die Forschungsergebnisse sind so bedeutend, dass in Japan eigens für Waldtherapieprogramme Bäume gepflanzt werden.


So viel Natur...

Wir sind in Portugal von so viel Natur umgeben, dass man sich fragen könnte, warum man ein grünes Rezept oder einen Waldbadführer braucht, um spazieren zu gehen. Überlegen Sie einmal, wie oft Sie tatsächlich in der Natur spazieren gehen und Ihre Sinne wahrnehmen. Wie achtsam nehmen Sie sich die Zeit, um sich auszuruhen, zu atmen und sich zu verbinden. Ein dreistündiger Waldbadespaziergang soll helfen, den Druck des Alltags loszulassen und durch die langsame Bewegung durch die Etappen eines kuratierten Spaziergangs Stille, Reflexion und sogar Kreativität zu fördern. Sie können entspannt und verjüngt in Ihren Alltag zurückkehren, mit Techniken, die Sie selbst anwenden können, was besonders nützlich ist, wenn Sie keinen regelmäßigen Zugang zur Natur haben. Das ist es, was wir in der Waldtherapie einen naturbasierten Wohlfühlplan nennen.

Wenn Sie also das nächste Mal in einem Wald oder am Strand spazieren gehen, nehmen Sie sich etwas Zeit, um zu sitzen oder zu stehen und sich mit dem Boden unter Ihnen zu verbinden. Füllen Sie Ihre Lungen mit wunderbarer, sauberer Luft, lassen Sie die Natur um sich herum auf sich wirken und fragen Sie sich: "Was nehme ich wahr, äußerlich und innerlich... und wie fühle ich mich dabei".


Foto von: Michael Mardon


Author

Suzanne Radford is a certified forest therapy practitioner and forest bathing guide based in the Serra De Monchique, helping individuals, couples and groups connect to nature through guided walks, workshops for wellbeing and nature coaching.

Email: info@forestbathingalgarve.com   

Web:  www.thenaturepod.com 

FB:      @algarveforestbathing

Insta:  @forestbathingalgarve

Suzanne Radford